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Es dürfte wohl keinen Punkt des Partei- und auch des Wahlprogramms der PIRATEN geben, der so schwer zu vermitteln ist, wie die Frage nach der Neuregelung des Urhebenrrechts. Die PIRATEN stehen im Ruf, Kulturschaffende und Softwareentwickler wirtschaftlich ruinieren zu wollen, weil sie u.a. die völlige Beseitigung des digitalen Rechtemanangements (DRM) und die legale freie private Kopie im Internet fordern. Letztlich kommt auch der Name der Partei aus diesem wesentlichen Kern des Forderungskatalogs.

Das häufigste Missverständnis besteht darin, dass viele glauben, Urheber sollen mit ihrer Arbeit kein Geld mehr verdienen dürfen, da ja alles frei kopierbar sein soll.

Das Urheberrecht ist kein triviales Thema. Die Dokumente der PIRATEN zu den Hintergründen sind eher ungeeignet, den interessierten juristischen Laien in die Lage zu versetzen die Ideen der PIRATEN fundiert begründet zu verbreiten. Das Programm der PIRATEN basiert in diesem Punkt auf den Arbeiten des Stanford-Rechstsprofessors Lawrrence Lessig. Lessig ist einer der prominentesten Kritiker des aktuell geltenden Urheberrechts. Er ist u.a. Mitbegründer von Creative Commons. Sein populärstes Buch ist „Freie Kultur“.

Er vertritt dort u.a. die Meinung, dass die Verwertungsgesellschaften in den letzten Jahren durch massive Lobbyarbeit einen unzumutbaren Rechtszustand herbeigeführt haben, welcher dazu führen wird, dass Kreativität und Kultur nachhaltig verhindert wird, was letztlich wieder der Gesellschaft einen großen Schaden zufügt.

Er ist nicht der Meinung, dass Urheber nicht mehr vergütet werden sollen. Er stellt allerdings fest, dass das Internet eine Wirklichkeit geschaffen hat, mit der das geltende Recht nicht mehr fertig wird. Als Reaktion werden durch die Gesetzesnovellen Millionen eigentlich rechtschaffender Bürger kriminalisiert. Lessig vergleicht das mit den Problemen des Grundstückrechtes bei Aufkommen des Flugverkehrs. Als es noch keine Flugzeuge gegeben hat, reichte das Grundstücksrecht unbegrenzt in den Himmel hinein. Dies wurde mit Aufkommen des Flugverkehrs zu einem Problem. Jeder Flug hätte mit jedem Grundstückseigentümer einzeln bezüglich der Überflugsrechte verhandelt werden müssen. Das hätte zum sicheren Ende der Fliegerei geführt. Ähnlich ist es tatsächlich mit der heutigen digitalen Technologie. Das absolute geistige Eigentum kollidiert massiv mit den technischen Möglichkeiten des digitalen Raumes.

Diese Möglichkeiten wurden bei Schaffung des Urheberrechtes nicht vorhergesehen. Die Gesetzgeber gehen nun auf Druck der Lobbiisten den Weg der Verschärfung des Urheberrechtes zu Lasten der Nutzung der neuen technischen Möglichkeiten. Dies ist das Gleiche, als wenn man damals die Rechte der Grundstückseigentümer zu Lasten Flugzeuge durchgesetzt hätte. Ein ernstzunehmender Ausgleich der Interessen der Nutzer und der Urheber findet zurzeit jedenfalls nicht statt.

Lessig schlägt vor, nicht einen Weg des entweder oder zu gehen, sondern wenigstens den Versuch eines fairen Ausgleichs der Interessen zu unternehmen, weil die Gesellschaft als Ganzes dadurch massiv profitieren würde.

Seine konkreten Vorschläge:

  • Urheberrecht soll nicht mehr automatisch entstehen, sondern einen formalen Akt der Anmeldung erfordern. Dies schützt dann nur noch diejenigen, die den Schutz auch in Anspruch nehmen wollen und stellt nicht automatisch alles, was jemals produziert wurde unter Schutz. Es macht vor allem die Klärung der Recht für Nachbearbeitungen einfacher.
  • Urheberrecht soll nicht mehr einfach so für sehr lange Zeiten (zB 90 Jahre) gelten, sondern alle 5 Jahre mit einem sehr einfachen Antrag (verbunden mit einer symbolischen Gebühr) verlängerbar sein. Dadurch wird jeder Urheber dazu gebracht, regelmäßig darüber nachzudenken, ob er sein Werk nicht doch lieber gemeinfrei stellen möchte.
  • Kennzeichnungspflicht: Es soll klar erkennbar sein, was geschützt ist und was man einfach so verwenden kann. Was nicht gekennzeichnet ist, ist nicht geschützt.
  • Freie Nutzung: sicherlich die umstrittenste Forderung. Hier liegt aber auch das populärste Missverständnis zu diesem Thema. Hier ist nicht frei im Sinne von gratis gemeint. Lessig fordert ausdrücklich eine Vergütung für den Urheber. Allerdings sollte diese Pauschal und sehr einfach geregelt sein. Der Urheber soll nicht mehr bestimmen können, was nun genau mit seinem Werk geschieht. Er darf die Nutzung nicht mehr so ausführlich beschränken, wie das heute mit dem DRM geschieht. Wer sich die Lizenzbestimmungen von Napster oder iTunes ansieht, versteht was Lessig meint. Ein Napster Kunde zahlt, 9,99 Euro pro Monat für einen volumenmäßig unbegrenzten Download. Er muss aber bei der Nutzung hoch komplizierte Beschränkungen beachten, um sich nicht rechtswidrig zu verhalten. Er darf zB die Musik eigentlich nicht auf einem iPod abspielen. Hier verlangt Lessig klare Regeln. Wer nutzt, der soll zahlen, ist dann aber nicht mehr beschränkt in der Nutzung. Das ist was anderes als ein rechtsfreier Raum! Außerdem wären dann endlich auch Werke, wie „Lord of the Weeds“ (zu sehen u.a. auf youtube) nicht mehr durch Filmgesellschaften verhinderbar. Das wäre durchaus ein Gewinn.

Ich halte die Vorschläge Lessig für wegweisend. Die aktuelle Rechtslage auch in Deutschland ist zu einseitig auf die Interessen der Verwertungsgesellschaften gerichtet. Die PIRATEN haben sich die Forderungen Lessigs zu eigen gemacht. Sie werden dafür immer wieder auf übelste und polemische Art in die Ecke gestellt und es wird ihnen vorgeworfen, den Ruin der Urheber im Sinn zu haben. Das Gegenteil ist richtig. Die Umsetzung der Forderungen der Piraten würden den Urhebern ziemlich sicher mehr Geld einbringen als der heutige Zustand der Kriminalisierung von Millionen von Menschen. Die immer noch eher schwache Nutzung der Möglichkeiten des legalen kostenpflichtigen Downloads hängen auch mit dem DRM-Wahnsinn zusammen.

Dieses Buch gehört jedenfalls in den Bücherschrank jedes PIRATENS (nachdem er es natürlich gelesen hat).

Bewertung: *****

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