Zwei Jahre nach Einführung des Bürgergelds zieht die Bilanz eine klare Linie: Die versprochene Verbesserung der Arbeitsmarktintegration ist weitgehend ausgeblieben. Statt mehr Menschen in existenzsichernde Beschäftigung zu bringen, ist die Zahl der Bezieher sogar gestiegen – auf mittlerweile rund 5,5 Millionen. Zwar spielen externe Faktoren wie der Ukrainekrieg und die wirtschaftliche Lage eine Rolle, doch auch strukturell zeigt sich: Die Reform hat die erhoffte Dynamik nicht entfaltet.
Vor allem die Gruppe der erwerbsfähigen Bürgergeldbezieher – aktuell rund 3,9 Millionen – wird nicht in ausreichendem Maße in Arbeit vermittelt. Die Zahl der jährlichen Arbeitsaufnahmen ist gesunken, die monatliche Integrationsquote liegt nur noch bei 1,7 Prozent. Der Anteil derjenigen, die sich langfristig unabhängig vom Bürgergeld machen, stagniert. Dabei wären Arbeitskräfte dringend gefragt: Über eine Million offene Stellen meldete das IAB im ersten Quartal 2025, fast ein Drittel davon für Unqualifizierte.
Als problematisch gilt auch die Vermittlung von ausländischen Leistungsbeziehern, insbesondere Geflüchteten aus der Ukraine. Zwar sieht die Bundesagentur Fortschritte, doch Sprachbarrieren und kulturelle Hürden bremsen die Integration. CSU und Teile der Union fordern deshalb eine Rückführung ukrainischer Geflüchteter in das niedrigere Asylbewerberleistungssystem – ein Vorschlag, der auf scharfe Kritik stößt, da damit auch die Betreuung durch die Jobcenter entfallen würde.
Ein zentrales Element der Reform – der kooperative Ansatz mit mehr Qualifizierung und weniger Sanktionen – wird inzwischen selbst von der Bundesagentur skeptisch gesehen. Eine IAB-Studie zeigt: Die Reform hat die Zahl der Arbeitsaufnahmen um etwa sechs Prozent reduziert. Die angestrebte Balance zwischen Vertrauen und Leistungsanreizen wurde offenbar verfehlt.
Finanziell belastet das Bürgergeld den Staat stärker denn je: 2024 lagen die Kosten bei fast 47 Milliarden Euro. Die Bundesregierung plant nun Nachbesserungen bis Herbst. Gefordert werden schärfere Mitwirkungspflichten, mehr Anreize zur Arbeitsaufnahme und eine effizientere Verwaltung. Die politische Debatte ist polarisiert: Während die Union härtere Sanktionen fordert, hält die SPD am Bürgergeld als sozialem Auffangnetz fest. Ein echter Produktivitätsschub bleibt vorerst aus – trotz Reform.
Quelle: FAZ.NET – Das Bürgergeld hat sein zentrales Versprechen verfehlt